This is definitely one of the craziest things I’ve done. Dalsland Kanot Maraton is 55k, and I did it without training. I also did it without sleep the night before (I was driving instead). And without breakfast (I simply forgot. And in a boat that was too small for me. I do not recommend it.
I took part in a conference in Copenhagen and had been wanting to do this race in Sweden for a while, and it took place the weekend after the conference. I figured that by the time I’d driven to Copenhagen, I’ll already I didn’t own a K1 at the time, so my training was non existent. Erik, one of the organisers, actually agree to lend me his own boat for the event, which was absolutely fabulous, so I signed up.
It wasn’t until the conference was almost over that I realised the race was on Saturday, not Sunday. The conference ended late on Friday and I had planned to drive on Saturday. I couldn’t leave the conference early, because someone I was travelling with moderated the open stage show until late at night on Friday. I was also the only one who was insured to drive my car.
We made it to the startline at six, and the race was due to begin at eight. I still had to register, find Erik and the boat, get changed, apply sunscreen, sort out my food etcetc. I made it, but I didn’t manage to set up the boat properly. 55k is a long way to paddle if you haven’t done any training and are in a boat that doesn’t fit. It was soooo painful, but also so awesome at the same time. Those lakes are stunningly beautiful, and you can drink the water while you paddle.
People were super friendly throughout, and most of them seemed to be glad to be there, a feeling I actually managed to share for a surprisingly long time. There were pickles and bananas at the support station at the portage.
On the last of the lakes, Lelång, the headwind became so strong that I was staying in the same place, even though I thought I was paddling as fast as I could. I knew upping the pace was the only way to move forward and finish eventually, and I managed to do it somehow. There were no other paddlers near me at that stage, and I assumed they’d all left me way behind. I didn’t take in much of my surroundings any more, and suddenly, Erik was next to me in the safety-boat. ‘Are you okay?’ he called. It was only then that I noticed I’d been crying. ‘No, but I’m going to finish anyway!’ I called back. ‘I thought so.’
At the finish, a reporter reached a mic down to me and asked ‘Are you happy with your result?’ I was quite disoriented and just said ‘No!’ quite loudly and forcefully, without realising the little interview was projected by loudspeakers across the finish area.
This race is super well-organised, and it’s perfectly possible to do it without a support crew. You just leave your boat at the finish and it’s taken back to the start for you, just like your change of clothes and shower stuff waits for you in a gym at the finish, and then there is a meal, and a bus that takes you back to the campsite at the start.
I was just frustrated until I’d slept a little bit, but when I woke up to eat the spaghetti Klara, Mara and Leon had made, I was already proud to have made it. I was so convinced I’d come last, though, that I didn’t check the results until weeks later. Only to find out that I had come fifth. I was super confused and looked at the race map again. This is when I found out that there was an optional portage where I could have had a physio/massage. Everybody else had been wise enough to do that, while I had paddled straight past and overtaken the majority of the field again.
You can watch the race video here.
Facebook post from after the race:
‘Danke an Klara, Leon und Mara, ohne Euch hätt ich´s nicht geschafft,
Eudec-people, this is why I left the party early,
Paddling people, this is a great race, we should totally do it together sometime, I´m portageing at 10:50 : D
og for de som lære Norsk med meg: dere kan høre litt norsk, meh også svensk og dansk som er ikke vanskelig å forstå : )
Takk, Erik, for båten!!
And: lots of English with funny German accents : )’
Dalsland Kanot Maraton 2014 Deutsch
Als ich das Paddel zum ersten Mal ins Wasser tauche fällt mir auf, dass ich nicht gefrühstückt habe. Es ging einfach alles zu schnell in den letzten Stunden, ans Essen war nicht zu denken. Ich nehme einen Bissen von meinem Energieriegel und einen Schluck Wasser aus dem kristallklaren See und bewege mich auf die anderen Boote zu. Nach einer sehr kurzen Nacht liegt ein sehr langer Tag vor mir. Ich stehe am Start des Kanumarathons in der schwedischen Region Dalsland. Die 55km lange Wettkampfstrecke wird mich über die Seen Laxjön, Svärdlång, Västra Silen und Lelång führen. Wenn ich durchhalte.
Ich bin alles andere als gut vorbereitet: Die letzten acht Tage habe ich mit Leon, Klara und Mara in Kopenhagen auf einer Konferenz verbracht, die Abschlussparty war am Vorabend. Leon war dabei für die Moderation der Open Stage zuständig, weshalb wir erst ganz zum Schluss, um zwei Uhr morgens, aufbrechen konnten. Kurz nach Sonnenaufgang hatten wir den See erreicht, um c. a. sechs Uhr morgens. Ich wusste, dass um acht Uhr der Startschuss fällt. Bis dahin mussten wir noch den Start finden, ich musste einchecken, meine Startnummer abholen. Außerdem musste ich Erik finden. Erik ist einer der Organisatoren, den ich im Vorfeld über die Facebookseite des Wettkampfes ausfindig gemacht habe. Er hat sich freundlicherweise bereiterklärt, mir sein Boot und sein Paddel auszuleihen, da er selbst nicht teilnimmt. Irgendwie funktioniert alles. Zuerst sehen wir ein Auto mit Booten auf dem Dach, dem wir zum Start folgen können. Die Frau am Check-In sagt mir, dass Erik meine Nummer schon für mich abgeholt hat. Ich finde den Streckensprecher und erkläre ihm warum ich Erik suche. Der Streckensprecher macht eine Durchsage über die Lautsprecheranlage. Erik gibt mir meine Startnummer und zeigt mir, wo sein Kajak liegt. Ich ziehe meine Wettkampfkleidung an, fülle meinen Trinkrucksack und creme mich mit Sonnencreme ein, während Klara und Mara mein Boot vorbereiten. Mit Klebeband befestigen sie meine Verpflegung: Bananen, Müsliriegel und Energiegels. Leon ist mit seiner Kamera dabei. Ich stelle die Fußstützen des Bootes ein: Sie wollen nicht weit genug nach vorne. Das ist schlecht, denn wenn ich zu eng im Boot sitze kann ich die Kraft meiner Beine nicht nutzen. Es bleibt keine Zeit, noch am Sitz zu schrauben und ihn weiter nach hinten zu schieben, sodass ich mehr Platz hätte. Um fünf vor acht gehe ich aufs Wasser. Ich habe zwei Stunden im Auto geschlafen, nicht gefrühstückt und seit gut zwei Jahren nicht mehr in einem Rennboot gesessen, geschweige denn eine vergleichbare Distanz gepaddelt. Eigentlich bin ich Slalom- und Wildwasserfahrerin. Mein Ziel ist, am Ziel anzukommen, egal wie.
Bis zur letzten Minute haben Klara, Mara und Leon mir gesagt, dass ich mich auch einfach ins Zelt legen kann. Schlafen. "Du musst das hier nicht machen." Als der Startschuss endlich fällt, beschleicht mich ein Gefühl der Endgültigkeit. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Aufgeben ist keine Option für mich.
Ich habe keine Chance, an der Spitze mitzufahren. Die besten Boote sind deprimierend schnell einige hundert Meter weit entfernt, obwohl ich mich wirklich anstrenge. Vom Schlafmangel merke ich glücklicherweise noch wenig, aber mein Rücken schmerzt jetzt schon. Vielleicht war das hier wirklich keine gute Idee. Ich versuche, weniger hektisch zu sein und mich auf meine Atmung und die Technik zu konzentrieren. Ruhige, fließende Bewegungen. Kraft sparen. Gleichmäßige Schläge. Rhythmisch. Ich schaue mich um. Der Morgennebel liegt noch über dem See, die hohen Nadelbäume am Ufer wirken bläulich im Dunst. Überall um mich herum bunte Boote. Plötzlich bin ich unglaublich dankbar, in diesem Moment an diesem Ort zu sein. Ich habe keine Ahnung, wo ich mich im Feld befinde, aber darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an. Einfach paddeln. Die Strecke ist mit großen, gelben Bojen markiert. Mit jeder Boje, die ich passiere, komme ich dem Ziel näher.
Manchmal grüße ich andere, unterhalte mich kurz, ich spreche gebrochenes Norwegisch, die Antworten kommen auf Schwedisch. Von Konkurrenzkampf ist nicht mehr viel zu spüren, die meisten freuen sich einfach, dabei zu sein. Die erste Portage lässt länger auf sich warten, als ich es aus meiner sporadischen Marathonerfahrung kenne. Die nicht richtig eingestellte Sitzanlage macht mir zu schaffen. Der Rücken tut weh, die Arme ermüden schneller. An Land versuche ich mich wieder daran, den Sitz zu verstellen, kenne aber das System nicht und will nicht viel Zeit verlieren. Ich ernte amüsierte Blicke dafür, dass ich mit dem Boot auf der Schulter renne. Ich bin Marathons mit kürzeren Paddelstrecken und weitaus mehr Portagen gewohnt. Die Helferinnen füllen meinen Trinkrucksack auf, schieben mir eine halbe Banane in den Mund und reden ermutigend auf Schwedisch auf mich ein. Gleichzeitig mit mir setzt ein junger Mann ein rotes Kajak ins Wasser. Er sagt etwas auf Schwedisch, das ich nicht verstehe. Ich frage ihn auf Englisch, was er gesagt hat. Er möchte wissen, woher ich komme. Der schwerste Teil des Rennens ist Lelång, sagt er. Der See sei sehr lang, mache also den größten Abschnitt ohne Portage aus. Er sei aber auch sehr breit, sodass das Wasser viel unruhiger sei. Noch dazu haben wir heute mit starkem Gegenwind zu rechnen. Aber wenn du es erstmal bis Lelång geschafft hast, gibst du sowieso nicht mehr auf. Also musst du es eigentlich nur noch bis zur übernächsten Portage schaffen. Ich höre mit halbem Ohr zu und nicke gelegentlich. Sonst konzentriere ich mich darauf, mit ihm mitzuhalten. Eigentlich ist sein Tempo zu schnell für mich, aber ich schaffe es geradeso, in seiner Bugwelle zu bleiben. Mittlerweile hat sich der Nebel aufgelöst, es wird wärmer. Ich ärgere mich, dass ich es nicht geschafft habe, den Sitz richtig einzustellen. Die Versuchung wird größer, wieder in mein eigentliches Tempo zurückzufallen, aber ich weiß, dass ich dann noch länger brauchen würde bis zum Ziel, und dass gegen Ende jede Minute länger sehr schwer wiegt. Die Chance ist zu gut, um sie sich entgehen zu lassen. Ich beiße die Zähne zusammen und schaue geradeaus. Nicht denken, paddeln. Die nächste Portage ist erreicht. Mehr Wasser, Bananen, und zu meiner Überraschung: eine saure Gurke. Statt darüber nachzudenken, versuche ich, im Chaos aus Booten, Paddlern und Zuschauern meinen Weggefährten nicht aus den Augen zu verlieren. Ich möchte versuchen, auch auf dem nächsten See seinen "Windschatten" wenigstens noch ein Stück weit zu nutzen und habe entschieden, dass das wichtiger ist als der Sitz, der mir nach wie vor zu schaffen macht. Langsam, aber sicher lassen meine Kräfte nach. Ich muss jetzt jede Motivation nutzen, die ich finden kann. Beim Einsteigen verliere ich fast das Gleichgewicht. Ich schaff das, rede ich mir ein. Nur noch bis zur nächsten Boje. Und zur nächsten. Jedes Mal, wenn ich nach rechts schaue, bin ich überrascht, dass ich noch neben dem roten Kajak bin. Eigentlich habe ich keine Kraft mehr! Meine Beine sind taub, mein Rücken tut weh, die Arme sind schwer. When the going gets tough, the tough gets going. Ich sage diesen Spruch im Kopf vor mich hin und komme mir ziemlich pathetisch vor. Aber der Rhythmus hilft beim Paddeln und außerdem hält ein Mantra andere Gedanken fern. Zum Beispiel daran, ob ich es jetzt schaffen würde, zum Ufer zu schwimmen, falls ich kentern sollte. Der See verschwimmt vor meinen Augen. Mein Gesicht glüht. Ich versuche, so zu paddeln, dass mir Wasser ins Gesicht spritzt, verliere dabei aber fast das Gleichgewicht. Mein Blutzuckerspiegel scheint niedrig zu sein. Ich hoffe, dass die nächste Portage nicht mehr allzu weit weg ist. Bei jeder Boje erlaube ich mir theoretisch, das Tempo zu drosseln, entscheide mich dann aber doch, dass ich "noch ein kleines Stück" mithalten kann. Ich kann es kaum glauben, als ich gleichzeitig mit dem Mann im roten Kajak die letzte Portage erreiche. Diesmal nehme ich eine ganze Banane statt einer halben und würge eines der Energiegels herunter. Komplett hören meine Beine nicht auf zu zittern, aber es wird besser. Ungläubig sehe ich zu, wie ein anderer Paddler einen Rollstuhl von seinem Boot schnallt, aufklappt, sich hineinsetzt, sein Kajak auf den Bootswagen legt und am Rollstuhl befestigt. Er durchquert die Portage und wiederholt am anderen Ende die Prozedur in umgekehrter Reihenfolge. Bewundernswert. Wie schafft er das nur? Und was mache ich dann eigentlich hier?
Erst als ich schon wieder gute 200m vom Ufer entfernt bin, fällt mir auf, dass ich vergessen habe, den Sitz einzustellen. Meine Gedanken fließen ungeordnet ineinander. Zurückpaddeln, auch nur einen Meter, kommt nicht infrage. Lelång. Noch ist das Wasser relativ ruhig, die Ufer rechts und links scheinen in greifbarer Nähe. Einfach paddeln. Der See weitet sich, der Wind nimmt zu, unregelmäßige Wellen von allen Seiten. Ich fühle mich unsicher, wackelig im Boot. "Geschwindigkeit bringt Sicherheit." Noch ein Mantra. Egal was, Hauptsache weiter. Alleine dass die Schmerzen aufhören und ich endlich aufhören darf zu paddeln ist jetzt Motivation genug. Mein Zweifel vom Anfang hat sich in Sicherheit verkehrt. Es war keine gute Idee. Warum wollte ich überhaupt unbedingt mitfahren? Die nächste Boje. Wie viele Kilometer sind das nochmal? Was wäre, wenn ich doch einfach aufhöre? Aber ich hab es schon so weit geschafft, jetzt aufzugeben würde das alles wertlos machen. Wenn ich kentere, schaffe ich es nicht mehr ins Boot, das weiß ich. Dann darf ich eben nicht kentern. Weiterpaddeln. Aufhören zu denken. Immer wieder überholen mich Boote. Wie viele wohl noch hinter mir sind? Verzweifelt rede ich mir alles ein, was sonst hilft. So leicht holen die mich nicht ein. Der Gegenwind wird immer stärker, und sie holen mich doch ein. Es gibt noch eine letzte Portage, die man aber nicht anfahren muss. Es geht lediglich um die Möglichkeit, eine Weile nicht im Boot zu sitzen. Scheinbar kann man sich dort sogar massieren lassen. Die Portage ist eine Anlandestelle am rechten Ufer, anschließend quert die Strecke den See von rechts nach links. Ich kann nicht mehr besonders klar denken. Ich will einfach nur noch ans Ziel. Keine Minute länger im Boot sitzen, als nötig, keine Minute länger darauf warten, schlafen zu können. Aus einer Kurzschlussreaktion heraus lenke ich mein Boot nach links, auf die Mitte des Sees zu. Die Portage liegt hinter mir. Ich bin jetzt fast alleine auf dem Wasser, nicht einmal eines der Sicherheitsboote ist zu sehen. Ich weiß nicht, ob ich mich überhaupt noch vorwärts bewege. Ich versuche, die Wellen zu zählen, die ich überquere, versuche, das Paddel effektiv am Wellenberg anzusetzen. Endlich ist das andere Ufer in erreichbarer Nähe. Der Kurs liegt jetzt parallel zur linken Uferlinie. Ich kämpfe mich vorwärts, setze mir kleine Ziele, wie dass ich an der großen Tanne vorbei bin, wenn ich bis hundert gezählt habe. Ich schaffe es nicht. Der Gegenwind ist zu stark. Ich erreiche mit meinen Paddelschlägen lediglich, dass ich nicht rückwärts treibe, paddle auf der Stelle. Mit letzter Kraft ziehe ich noch einmal das Tempo an, es ist die einzige Möglichkeit, dem Wind zu trotzen. Wieder denke ich ans Aufgeben, denke, dass ich die Schmerzen im Rücken nicht mehr aushalte. Plötzlich ist Erik in einem der Sicherheitsboote neben mir. "Are you okay?" Er schreit gegen den Wind an. Mir wird bewusst, dass mir Tränen übers Gesicht laufen und dass ich wohl laut geweint habe. "No!", schreie ich zurück. "But I´m going to finish anyway!" Das auszusprechen hilft. Außerdem ist es mir peinlich, dass Erik mich hat weinen sehen. Für eine Weile ist das Paddeln wieder etwas leichter. Mich überholen zwei gelbe Kajaks. Jetzt muss ich wirklich langsam das allerletzte Boot im Renne sein. Nie mehr einen Marathon ohne Training, schwöre ich mir. Ich bin wütend auf den Wind, auf das zu kleine Boot, auf das Paddel, von dem ich Blasen an den Händen haben. Eigentlich bin ich in diesem Moment sauer auf die ganze Welt, und vor allem auf mich. Wieso habe ich mich angemeldet? Wut ist ein guter Treibstoff. Jeder Schlag bringt mich näher ans Ziel. Bestimmt bereut Erik, dass er mir sein Boot gegeben hat, wo ich ja jetzt damit Letzte werde. Ich beschließe, am Ziel so schnell wie möglich zu verschwinden, möchte keine Komplimente dafür, dass ich durchgehalten habe, nicht hören, dass "Dabeisein alles" ist. Es ist mir peinlich. Ich will einfach nur schlafen. Plötzlich ist das Ziel in greifbarer Nähe. Ich möchte noch ein Mal schneller paddeln, einen Endspurt hinlegen, aber es geht nicht mehr. Ein blaues Zweierkajak neben mir. Bin ich doch noch nicht Letzte? Ich möchte unbedingt vor den beiden ins Ziel. Aber meine Arme machen nicht mehr mit. Ich werde zum letzten Mal an diesem Tag überholt. Dann passiere ich den Zielbogen. "Are you happy?" Irgendwer strahlt mich an und hält mir ein Mikrophon unter die Nase. "No!", gebe ich zurück. Soll ich mich jetzt etwa auch noch über den letzten Platz freuen? Das war die Strapaze ganz bestimmt nicht wert. Ich sitze an den Steg gelehnt im Kajak und versuche, mich dazu zu bewegen, aufzustehen. Ich schleppe mich auf den Steg, aber ich kann das Boot nicht aus dem Wasser heben. Ich möchte, dass mir jemand hilft, aber die Leute schauen nur zu. Ich nehme das Kajak auf die Schulter und bewege mich mit unsicheren Schritten vom Steg weg. Endlich kann ich das Boot wieder ablegen. Irgendjemand hängt mir eine Medaille um. Ich fühle mich damit lächerlich und stecke sie schnell unter meine Schwimmweste. Erst als ich mich zur Dusche durchgefragt und mich aus den nassen Sachen geschält habe finde ich, dass das Ganze wenigstens eine gute Geschichte abgibt. Als ich nach dem Paddleressen im Bus Richtung Campingplatz sitze, fallen mir zwar immer wieder die Augen zu, aber ich muss auch schmunzeln und freue mich zum ersten Mal, dass ich durchgehalten habe. Vielleicht war es doch keine so schlechte Idee, mitzufahren. Ich stecke die Hand in die Hosentasche und befühle kurz die Medaille. Jetzt weiß ich wenigstens, dass ich ohne Schlaf, Training und Frühstück 55km paddeln kann. In einem zu kleinen Boot. Wer kann schon von sich behaupten, das ausprobiert zu haben.
Klara, Mara und Leon haben die Zelte schon aufgebaut. Ich lasse mich neben meinem Zelt auf die Wiese fallen. "Weckt mich zum Essen!", sage ich noch, bevor ich einschlafe. Bedanken werde ich mich bei den dreien erst am nächsten Tag. Und das, obwohl ich es ohne sie gar nicht erst zum Start geschafft hätte. Von dem Mann im roten Kajak weiß ich nicht einmal den Namen. Bei ihm werde ich mich wohl nie bedanken können.
Fast zwei Monate später sitze ich zu Hause am Küchentisch. In meinem Leben ist nach dem Urlaub längst wieder Routine eingekehrt. Ich hatte einen tollen Tag auf dem Wasser und denke, dass es mich heute nicht mehr aus der Bahn werfen kann, meine schlechte Platzierung schwarz auf weiß zu sehen. Online suche ich nach der Ergebnisliste. Ich scrolle zu den Ergebnissen der Damen - und schreie kurz auf. Mit einer Zeit von sieben Stunden und fünfzehn Minuten bin ich fünfte geworden. Von 37 Starterinnen, die ins Ziel kamen und 44, die mit mir am Start gestanden haben. Plötzlich ist mir jede Sekunde des Rennens wieder glasklar präsent. Vor allem die unfreundliche Antwort, die ich am Ziel gegeben habe. Was mir allerdings nicht klar ist, ist nach wie vor, wie ich mich so täuschen konnte. Wahrscheinlich lagen die anderen 30 noch auf der Massagepritsche, als ich ohne Pause zu machen den See überquerte, nur, weil ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Ich schreibe eine Nachricht an Klara, Leon und Mara und bedanke mich für ihre Unterstützung. Ich schreibe eine Nachricht an Erik und bedanke mich zum xten Mal für sein Boot.
Ich schreibe einen Post auf der Facebookseite des Marathons und bedanke mich beim Organisationsteam und dem Mann im roten Kajak, in der Hoffnung, dass er es liest und weiß, dass er gemeint ist.
Ich bin fast ein bisschen traurig, dass ich nächsten Sommer nicht dabei sein kann.